LAG Schleswig-Holstein - Beschluss vom 20.10.2011
6 Ta 90/11
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; ZPO § 114 S. 1; ZPO § 118 Abs. 2 S. 3; ZPO § 124; ZPO § 572 Abs. 3; ArbGG § 11 a Abs. 3;
Vorinstanzen:
ArbG Lübeck, vom 17.01.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 1884/10

Pflichtwidrige Verzögerung der Prozesskostenhilfebewilligung durch Beweisaufnahme im Hauptverfahren

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.10.2011 - Aktenzeichen 6 Ta 90/11

DRsp Nr. 2011/22177

Pflichtwidrige Verzögerung der Prozesskostenhilfebewilligung durch Beweisaufnahme im Hauptverfahren

1. Entscheidungsreif ist ein Prozesskostenhilfeantrag grundsätzlich dann, wenn der Antragsteller sein Gesuch schlüssig begründet, sich vollständig zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen erklärt und diese gegebenenfalls glaubhaft gemacht hat und die Gegenseite angemessene Zeit hatte, sich zu äußern. 2. Eine pflichtwidrige Verzögerung der Bewilligung durch das Gericht liegt unter anderem dann vor, wenn das Gericht (entgegen § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO) vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch eine Beweisaufnahme durchführt. 3. § 114 Satz 1 ZPO sieht die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vor, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bestehen, ohne dass der Prozesserfolg bereits gewiss sein muss; das verbietet es, im Falle einer durch das Gericht verursachten pflichtwidrigen Verzögerung eine Betrachtung ex post vorzunehmen, da anderenfalls aus dem Blick gerät, dass im Bewilligungsverfahren die Erfolgsaussichten für eine beabsichtigte und nicht für eine abgeschlossene Rechtsverfolgung zu beurteilen sind. 4. § 124 ZPO ist bei geänderter Beurteilung der Erfolgsaussicht nicht anwendbar; das gilt auch nach Durchführung einer Beweisaufnahme.