LAG Frankfurt/Main - Urteil vom 08.07.2022
14 Sa 355/22
Normen:
BGB § 242; BGB § 307; BGB § 622 Abs. 5;
Vorinstanzen:
ArbG Darmstadt, vom 18.01.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 143/21

Nichtigkeit einer vertraglichen Kündigungsfrist bei Verstoß gegen die gesetzliche KündigungsfristAbsolutheitsanspruch einer durch § 134 BGB ausgelösten NichtigkeitTreuwidrige Geltendmachung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts

LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.07.2022 - Aktenzeichen 14 Sa 355/22

DRsp Nr. 2023/10080

Nichtigkeit einer vertraglichen Kündigungsfrist bei Verstoß gegen die gesetzliche Kündigungsfrist Absolutheitsanspruch einer durch § 134 BGB ausgelösten Nichtigkeit Treuwidrige Geltendmachung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts

Ist im Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist mit Kündigungstermin vereinbart, die aufgrund der Verlängerung der Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB (inzwischen) potentiell ungünstiger für den Arbeitnehmer ist, als die gesetzliche Kündigungsfrist, führt dies zur Nichtigkeit der vertraglichen Regelung nach § 134 BGB (BAG 29.1.2015 - 2 AZR 280/14 - BAGE 150, 337).Die Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB ist absolut und kann von allen am Rechtsgeschäft Beteiligten - in den Grenzen des § 242 BGB - geltend gemacht werden. Die Rechtssprechung, derzufolge sich der Verwender von AGBen nicht auf deren Unwirksamkeit nach §§ 307 ff BGB berufen kann, ist hier nicht (analog) anwendbar.

Die Geltendmachung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts kann nur ausnahmsweise treuwidrig sein, wenn sich z.B. der Vertragspartner damit zu seinem vorherigen Verhalten in Widerspruch setzt. Eine Treuwidrigkeit kann sich aus dem Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" oder aus dem Verhalten des Vertragspartners Dritten gegenüber ergeben. Es ist dazu aber ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen.

Tenor