LAG Schleswig-Holstein - Urteil vom 12.02.2002
3 Sa 534/01
Normen:
GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 611 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 3; TVG § 4 Abs. 5;
Vorinstanzen:
ArbG Neumünster, vom 30.08.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 540 d/01

Nachwirkung von Tarifverträgen bei Austritt aus Arbeitgebervereinigung; Anspruch auf Jahressonderzahlung und Urlaubsentgelt nach den Tarifverträgen für das Tischlerhandwerk in Schleswig-Holstein

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.02.2002 - Aktenzeichen 3 Sa 534/01

DRsp Nr. 2011/11540

Nachwirkung von Tarifverträgen bei Austritt aus Arbeitgebervereinigung; Anspruch auf Jahressonderzahlung und Urlaubsentgelt nach den Tarifverträgen für das Tischlerhandwerk in Schleswig-Holstein

1. Gemäß § 3 Abs. 1 TVG sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien solange tarifgebunden, bis der Tarifvertrag endet (§ 3 Abs. 3 TVG); die Rechtsnormen des Tarifvertrages gelten nach Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 4 Abs. 5 TVG). 2. "Ablauf" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG ist nach dem Wortsinn zwar nur die Beendigung des Tarifvertrags in zeitlicher Hinsicht; Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern es aber, dass die Vorschrift auf jeden Fall des Wegfalls der Tarifbindung entsprechend anzuwenden ist und damit auch für den Wegfall der Tarifbindung infolge Verbandsaustritts im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG gilt. 3. Die gesetzliche Nachwirkung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG). 4. Eine "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG durch Tarifvertrag erfordert, dass der neue Tarifvertrag konkret auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist; sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich des neuen Tarifvertrages kongruent tarifgebunden oder wird der neue Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt, wirkt der neue Tarifvertrag unmittelbar auf den Arbeitsvertrag ein.