LAG Niedersachsen - Urteil vom 05.09.2022
4 Sa 205/22
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2 S. 4; SGB IX § 167 Abs. 2; BDSG a.F. § 3 Abs. 9; DS-GVO Art. 9 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Braunschweig, vom 17.02.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Ca 363/21

Dreistufiges Prüfungsschema bei der krankheitsbedingten ordentlichen KündigungVerhältnismäßigkeitsgrundsatz und Ultima ratio-Prinzip im KündigungsrechtBetriebliches Eingliederungsmanagement und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

LAG Niedersachsen, Urteil vom 05.09.2022 - Aktenzeichen 4 Sa 205/22

DRsp Nr. 2023/7734

Dreistufiges Prüfungsschema bei der krankheitsbedingten ordentlichen Kündigung Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Ultima ratio-Prinzip im Kündigungsrecht Betriebliches Eingliederungsmanagement und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

1. Die Überprüfung einer krankheitsbedingten Kündigung hat in drei Stufen zu erfolgen. Zunächst bedarf es einer negativen Prognose hinsichtlich des weiteren Gesundheitszustands des zu kündigenden Arbeitnehmers. Im Anschluss daran ist zu prüfen, ob die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Abschließend wird nach Maßgabe einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung geprüft, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinnehmbaren betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen. 2. Eine auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers gestützte Kündigung ist unverhältnismäßig, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist. Eine Kündigung ist durch Krankheit nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG "bedingt", wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt.