LAG Köln - Urteil vom 15.07.2011
4 Sa 756/10
Normen:
GG Art. 3; BGB § 138 Abs. 1; BGB § 242; BGB § 611 Abs. 1; KSchG § 23 Abs. 1 S. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Köln, vom 01.12.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 16 Ca 5262/09

Betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb bei unsubstantiierten Darlegungen zur Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit

LAG Köln, Urteil vom 15.07.2011 - Aktenzeichen 4 Sa 756/10

DRsp Nr. 2011/16885

Betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb bei unsubstantiierten Darlegungen zur Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit

1. Die Sittenwidrigkeit einer Kündigung in einem Kleinbetrieb kann nicht auf Gründe gestützt werden, die in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen; nicht jede Kündigung, die im Falle der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes als sozialwidrig beurteilt werden müsste, ist deshalb schon sittenwidrig. 2. § 138 BGB verlangt die Einhaltung eines "ethischen Minimums"; der schwere Vorwurf der Sittenwidrigkeit kann daher nur in besonders krassen Fällen erhoben werden, wie etwa bei einem verwerflichen Motiv des Kündigenden (Rachsucht) oder wenn die Kündigung aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. 3. Als Verstöße gegen Treu und Glauben kommen Umstände, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen sind und die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, grundsätzlich nicht in Betracht; die Kündigung im Kleinbetrieb verstößt nur dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt, wie etwa bei widersprüchlichem Verhalten des Arbeitgebers, dem Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form oder bei einer Kündigung, welche die Arbeitnehmerin benachteiligt.