BAG - Urteil vom 19.06.2007
1 AZR 396/06
Normen:
GG Art. 9 Abs. 3 ; Europäische Sozialcharta (ESC) Teil II Art. 6 Nr. 4, Teil V Art. 31 Abs. 1 ; BGB § 823 Abs. 1 ; HGB § 297 Abs. 3 S. 1 ;
Fundstellen:
AP Nr. 173 zu Art 9 GG Arbeitskampf
ArbRB 2008,81
AuA 2007, 495
AuA 2008, 180
AuR 2007, 272
AuR 2007, 365
AuR 2007, 445
BAG-Pressemitteilung Nr. 48/07
BAGE 123, 134
DB 2007, 2038
JZ 2008, 97
NJW 2007, 3087
NZA 2007, 1055
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 07.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 12 Sa 274/05
ArbG Oldenburg, vom 20.10.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 276/04

Arbeitskampfrecht - Rechtmäßigkeit eines Unterstützungsstreiks; Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften; Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts; Wahl der Arbeitskampfmittel; Kernbereichsformel; Friedenspflicht; Europäische Sozialcharta; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

BAG, Urteil vom 19.06.2007 - Aktenzeichen 1 AZR 396/06

DRsp Nr. 2007/13242

Arbeitskampfrecht - Rechtmäßigkeit eines Unterstützungsstreiks; Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften; Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts; Wahl der Arbeitskampfmittel; Kernbereichsformel; Friedenspflicht; Europäische Sozialcharta; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

»1. Gewerkschaftliche Streiks, die der Unterstützung eines in einem anderen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfs dienen, unterfallen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften.2. Die Zulässigkeit eines Unterstützungsstreiks richtet sich - wie bei anderen Arbeitskampfmaßnahmen - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er ist rechtswidrig, wenn er zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfs offensichtlich ungeeignet, offensichtlich nicht erforderlich oder unangemessen ist.«

Orientierungssätze:1. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Koalitionen erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Dazu gehört auch der Streik.2. Ein Streik, den eine Gewerkschaft zur Unterstützung eines auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichteten anderen Streiks ausruft, unterfällt dem Grundrechtsschutz des Art. 9 Abs. 3 GG.3. Das Arbeitskampfrecht bedarf der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung. Solange gesetzliche Regelungen fehlen, obliegt die Ausgestaltung den Gerichten.