LAG München - Urteil vom 02.04.2008
11 Sa 917/07
Normen:
BGB § 306 Abs. 2 § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 § 615 ; KSchG § 9 Absatz 1 Satz 1 ;
Vorinstanzen:
ArbG München, vom 14.08.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 34 Ca 4427/07

Verzugslohnanspruch bei Abrufarbeit - unwirksame Abrufklausel in Arbeitvertrag einer Tankstellenkraft

LAG München, Urteil vom 02.04.2008 - Aktenzeichen 11 Sa 917/07

DRsp Nr. 2008/14527

Verzugslohnanspruch bei Abrufarbeit - unwirksame Abrufklausel in Arbeitvertrag einer Tankstellenkraft

1. Wird dem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag das Recht eingeräumt, die vereinbarte durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden einseitig auf bis zu 48 Stunden verlängern zu können, wird ein Teil des den Arbeitgeber nach § 615 BGB treffenden Wirtschaftsrisikos auf die Arbeitnehmerin verlagert; ist andererseits die Arbeitnehmerin zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet, ohne ihrerseits einen Anspruch auf Beschäftigung über 25 Wochenstunden hinaus zu haben, weicht diese arbeitsvertragliche Regelung von wesentlichen Grundgedanken der in § 615 BGB geregelten Verteilung des Wirtschaftsrisikos ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Arbeitnehmerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.2. Bei der Prüfung der Angemessenheit einer Vereinbarung über Arbeit auf Abruf geht es um den Umfang der im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Arbeitspflicht; das schließt einen über 25 % hinausgehenden Anteil abrufbarer Arbeitsleistung aus, so dass die vom Arbeitgeber abrufbare (über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinausgehende) Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen darf.