LAG Hamm - Urteil vom 17.03.2011
8 Sa 1854/10
Normen:
BGB § 314 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Bielefeld, vom 11.05.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 3561/09

Unverhältnismäßige außerordentliche und ordentliche Kündigung wegen umfangreicher Verstöße gegen Gleitzeitregelung durch Nichtbuchen von Pausen; Abmahnungserfordernis bei verhaltensbedingter Kündigung

LAG Hamm, Urteil vom 17.03.2011 - Aktenzeichen 8 Sa 1854/10

DRsp Nr. 2011/7685

Unverhältnismäßige außerordentliche und ordentliche Kündigung wegen umfangreicher Verstöße gegen Gleitzeitregelung durch Nichtbuchen von Pausen; Abmahnungserfordernis bei verhaltensbedingter Kündigung

Erhält das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers kündigungsrelevante Bedeutung erst durch seine mehrfache Wiederholung und die Summierung der wirtschaftlichen Folgen für den Arbeitgeber (hier: unterlassenes Ausbuchen von "Raucherpausen" im Arbeitszeiterfassungssystem in 11 Fällen innerhalb sechs Wochen mit der Folge unberechtigten Bezuges von Arbeitsentgelt für 267 Minuten), so beurteilt sich die Frage der Entbehrlichkeit einer Abmahnung jedenfalls dann nicht nach Unrechtsgehalt und Gesamtschaden, wenn der Arbeitgeber aufgrund von Verdachtsmomenten eine Beobachtung des Arbeitnehmers veranlasst hat und jeden Einzelverstoß dokumentieren lässt, jedoch von einem frühzeitigen Eingreifen und einer Abmahnung absieht, ohne dass dies durch Art und Umstände der Pflichtverletzung begründet ist. Kann davon ausgegangen werden, dass bei frühzeitigem Einschreiten weitere Verstöße gegen die Gleitzeitregelung unterblieben wären, scheitert die Wirksamkeit einer fristlosten und fristgerechten Kündigung an der unterbliebenen Abmahnung, welche trotz Eindeutigkeit der Rechtslage und abstrakter Kündigungsandrohung in einem Aushang nicht entbehrlich ist.