LAG Niedersachsen - Beschluss vom 10.03.2011
5 TaBV 96/10
Normen:
BetrVG § 15 Abs. 5 Nr. 2 S. 1; BetrVG § 19 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 28 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 2; GG Art. 38 Abs. 1; WO BetrVG § 15 Abs. 4; WO BetrVG § 17 Abs. 2 S. 2; WO BetrVG § 18;
Fundstellen:
NZA 2012, 351
NZA-RR 2011, 465
Vorinstanzen:
ArbG Göttingen, vom 19.10.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 2 BV 2/10

Schutz des Minderheitengeschlechts bei Betriebsratswahl; Rücknahme des Listensprungs bei Wegfall der Erforderlichkeit infolge Nichtannahme der Wahl durch gewählte Kandidatin

LAG Niedersachsen, Beschluss vom 10.03.2011 - Aktenzeichen 5 TaBV 96/10

DRsp Nr. 2011/8290

Schutz des Minderheitengeschlechts bei Betriebsratswahl; Rücknahme des Listensprungs bei Wegfall der Erforderlichkeit infolge Nichtannahme der Wahl durch gewählte Kandidatin

Führt der Schutz des Minderheitengeschlechts zu einem sogenannten Listensprung, dann muss dieser rückgängig gemacht werden, wenn sich durch die Nichtannahme der Wahl eines Kandidaten herausstellt, dass es eines Listensprungs nicht bedurft hätte. Dies gebietet der auch bei einer Betriebsratswahl zu beachtende Grundsatz der Wahlgleichheit.

1. Die verfassungskonforme Auslegung des § 17 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG gebietet es, nicht nur erstmalig aufgrund der Nichtannahme der Wahl das Minderheitengeschlecht zu berücksichtigen sondern einen bereits zuvor erfolgten Schutz des Minderheitengeschlechts rückgängig zu machen, wenn sich einerseits durch die Nichtannahme der Wahl herausstellt, dass nunmehr dem Schutz des Minderheitengeschlechts genüge getan worden ist, und andererseits diese Konstellation zuvor einen "Listensprung" verursacht hat. 2. Die einen legitimen Zweck verfolgende Abweichung von dem Grundsatz der formalen Wahlrechtsgleichheit darf das zur Erreichung dieses Zwecks Erforderliche nicht überschreiten; ihr erlaubtes Ausmaß richtet sich insbesondere danach, auf welcher Stufe des Wahlverfahrens mit welcher Intensität in das Wahlrecht eingegriffen wird.