LSG Nordrhein-Westfalen - Urteil vom 23.03.2018
L 21 R 955/16
Normen:
SGG § 102 Abs. 2 S. 1; GG Art. 19 Abs. 4 S. 1;
Vorinstanzen:
SG Düsseldorf, vom 21.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 45 R 873/16

Fiktive KlagerücknahmeAnnahme eines weggefallenen RechtsschutzinteressesBetreibensaufforderungAusnahmecharakter der KlagerücknahmefiktionKeine Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.03.2018 - Aktenzeichen L 21 R 955/16

DRsp Nr. 2018/7015

Fiktive Klagerücknahme Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses Betreibensaufforderung Ausnahmecharakter der Klagerücknahmefiktion Keine Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten

1. Die Vorschrift des § 102 SGG ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen; die Fiktion der Klagerücknahme führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. 2. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Beteiligter ein von ihm eingeleitetes Verfahren auch durchführen will.3. Die Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 SGG tritt nur ein, wenn neben der Erfüllung der formellen und materiellen Voraussetzungen der Betreibensaufforderung auch nach fruchtlosem Fristablauf der Kläger das Verfahren nicht weiter betreibt und das Rechtsschutzinteresse entfallen ist.