SG Kassel vom 11.06.2010
S 2 U 47/08
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1; SGB I § 2 Abs. 2; SGB X § 44 Abs. 1; SGB X § 46 Abs. 1; SGB VII § 73 Abs. 3;

Erhöhung einer Verletztenrente wegen nachträglicher Erblindung; Erhöhung der MdE von 20 vH auf 25 vH, kein Ausschluss wegen § 73 Abs. 3 SGB VII

SG Kassel, vom 11.06.2010 - Aktenzeichen S 2 U 47/08

DRsp Nr. 2010/22888

Erhöhung einer Verletztenrente wegen nachträglicher Erblindung; Erhöhung der MdE von 20 vH auf 25 vH, kein Ausschluss wegen § 73 Abs. 3 SGB VII

Die wortgetreue Anwendung des § 73 Abs. 3 SGB VII verbietet die Erhöhung der Verletztenrente, wenn nach einem Arbeitsunfall die MdE wegen einer Augenverletzung zunächst auf 20 vH festgesetzt wurde und nachträglich Erblindung als Unfallfolge eintritt. Gleichwohl ist der Unfallversicherungsträger verpflichtet, die Verletztenrente neu, nämlich nach einer MdE von 25 vH festzusetzen. Die Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH trotz eindeutig vorliegender MdE von 25 vH bedeutet eine offensichtliche Gerechtigkeitslücke. Denn anders als bei den sonst üblichen Schätzungen der MdE im Unfallversicherungsrecht, bei denen gewisse Ungenauigkeiten nicht auszuschließen sind, ist bei einer Erblindung bzw. praktischen Erblindung immer eine MdE von 25 vH anzusetzen. Liegt die Erblindung bereits bei der Erstfestsetzung der Verletztenrente vor, bekommt der Unfallverletzte sofort die MdE von 25 vH, wird aber zunächst eine MdE von 20 vH festgesetzt, kann der Unfallverletzte trotz völlig identischer Unfallfolge nie in den Genuss der Verletztenrente nach einer MdE von 25 vH kommen, wenn man dem Wortlaut des § 73 Abs. 3 SGB VII folgt. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1; SGB I § 2 Abs. 2; SGB X § Abs. ;