OVG Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 17.11.2016
12 A 237/16
Normen:
SGB VIII § 44 Abs. 1 S. 1 Hs. 1; SGB VIII § 86 Abs. 6 S. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3;
Vorinstanzen:
VG Minden, - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 1819/15

Aufnahme der Kinder in den privaten von der Pflegeperson eigenverantwortlich geführten Haushalt als sog. Kinderdorfeltern

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.11.2016 - Aktenzeichen 12 A 237/16

DRsp Nr. 2017/11623

Aufnahme der Kinder in den privaten von der Pflegeperson eigenverantwortlich geführten Haushalt als sog. Kinderdorfeltern

1. § 86 Abs. 6 S. 1 SGB VIII enthält den Grundgedanken, die Zusammenarbeit des Jugendamtes mit der Person oder den Personen zu ermöglichen oder zu begünstigen, die faktisch die Funktion der Eltern wahrnimmt oder wahrnehmen. Davon wird ausgegangen, wenn ein Kind/Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson in dessen Haushalt in einer familienähnlich strukturierten Gemeinschaft lebt. Ob sich in dieser Zeit tatsächlich eine der Eltern-Kind-Beziehung vergleichbare Bindung entwickelt hat, ist für die darüber hinaus geforderte Beständigkeit der Beziehung unerheblich. Daraus resultiert allerdings die Anforderung, dass das Kind/der Jugendliche in den privaten Haushalt der Pflegeperson aufgenommen und der Haushalt von der Pflegeperson eigenverantwortlich geführt worden sein muss. Nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass während des Zusammenlebens in dem in § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII genannten Zeitraum familiäre oder familienähnliche Strukturen sowie persönliche und emotionale Bindungen entstehen.