BAG - Urteil vom 27.09.2022
2 AZR 92/22
Normen:
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2; KSchG § 13 Abs. 1; KSchG § 13 Abs. 3; KSchG § 15 Abs. 3 S. 1; BetrVG § 78 S. 2; BetrVG § 103; BGB § 134;
Fundstellen:
ArbRB 2023, 35
BB 2022, 2995
EzA KSchG _ 15 n.F. Nr. 76
EzA KSchG _ 9 n.F. Nr.. 73
EzA-SD 2022, 4
MDR 2023, 444
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 06.10.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 13 Sa 1199/20
ArbG Braunschweig, vom 23.10.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 261/19

Auflösungsantrag des Arbeitgebers nur nach ordentlicher KündigungAnforderungen an eine Gesetzesspezialität (lex specialis)Gesetzesanalogie bei planwidriger RegelungslückeBegründung des arbeitgeberseitigen Auflösungsantrags auch mit Sachverhalten aus Zeiten des Sonderkündigungsschutzes nach §§ 15 Abs. 3 KSchG und 103 BetrVG

BAG, Urteil vom 27.09.2022 - Aktenzeichen 2 AZR 92/22

DRsp Nr. 2022/17604

Auflösungsantrag des Arbeitgebers nur nach ordentlicher Kündigung Anforderungen an eine Gesetzesspezialität ("lex specialis") Gesetzesanalogie bei planwidriger Regelungslücke Begründung des arbeitgeberseitigen Auflösungsantrags auch mit Sachverhalten aus Zeiten des Sonderkündigungsschutzes nach §§ 15 Abs. 3 KSchG und 103 BetrVG

§ 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG iVm. § 103 BetrVG ist nicht lex specialis gegenüber § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit der Folge, dass ein arbeitgeberseitiger Auflösungsantrag nicht auf während des Bestehens von Sonderkündiungsschutz entstandene Sachverhalte gestützt werden könnte. Orientierungssätze: 1. Das Zustimmungserfordernis nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG iVm. § 103 BetrVG gilt weder unmittelbar noch analog für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG (Rn. 26 f.). 2. § 15 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch keiner Analogie dahingehend zugänglich, dass Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG geeignet sein müssten, einen wichtigen Grund iSv. § zu bilden, sofern sie zur Zeit des Bestehens von Sonderkündigungsschutz entstanden sind und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag Sonderkündigungsschutz nach § genießt. Ebenso wenig kommt eine entsprechende teleologische Reduktion von § Abs. Satz 2 in Betracht (Rn. 33).