LSG Hessen - Beschluss vom 09.12.2013
L 4 AY 17/13 B ER
Normen:
AsylbLG § 1a; AsylbLG § 3; GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 1;
Vorinstanzen:
SG Gießen, vom 06.08.2013 - Vorinstanzaktenzeichen S 18 AY 13/13 ER

AsylbewerberleistungsrechtLeistungskürzungVerfassungskonforme AuslegungVerflüchtigung unlauterer Einreisemotive bei längerem Aufenthalt

LSG Hessen, Beschluss vom 09.12.2013 - Aktenzeichen L 4 AY 17/13 B ER

DRsp Nr. 2014/830

Asylbewerberleistungsrecht LeistungskürzungVerfassungskonforme AuslegungVerflüchtigung unlauterer Einreisemotive bei längerem Aufenthalt

1. Die Einschränkungen wegen unlauterer Einreiseumstände nach § 1a AsylbLG als Missbrauchstatbestand sind verfassungskonform restriktiv auszulegen. Dafür spricht insbesondere der Schutz eines soziokulturellen Existenzminimums, das höhere Leistungen mit zunehmender Dauer des Aufenthalts gebietet und daher zu einer "Verflüchtigung" der Mißbrauchssanktion mit fortschreitendem Zeitablauf führt. 2. Maßgeblich für diese Auslegung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. Juli 2012 1 Bvl 10/10, 1 BvL 2/11 verlangt Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, wonach auch bei Asylbewerbern das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss.

Auf die Beschwerde der Antragsteller zu 1 bis 4 wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 6. August 2013 abgeändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern zu 1 bis 4 für die Zeit vom 16. Juli 2013 bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache uneingeschränkte Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz nach den geltenden Bestimmungen zu gewähren.