LSG Schleswig-Holstein - Urteil vom 24.02.2022
L 6 AS 89/19
Normen:
SGB II §§ 31 ff.; SGB II § 31 Abs. 2 Nr. 3 -4; SGB II a.F. § 34 Abs. 1 S. 1; SGB III § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2; SGB X § 44 Abs. 1; SGB X § 44 Abs. 2; SGB X § 44 Abs. 4 S. 3; SGG § 29 Abs. 1 Alt. 1; SGG § 140; SGG § 159 Abs. 1 Nr. 1;
Vorinstanzen:
SG Kiel, vom 20.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 40 AS 610/16

Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB IIKein Ersatzanspruch aufgrund sozialwidrigen Verhaltens bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer KündigungErforderlichkeit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung durch das JobcenterAnforderungen an eine Entscheidung des LSG im Berufungsverfahren bei einem Rechtsirrtum des Sozialgerichts

LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.02.2022 - Aktenzeichen L 6 AS 89/19

DRsp Nr. 2022/6758

Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Kein Ersatzanspruch aufgrund sozialwidrigen Verhaltens bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung Erforderlichkeit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung durch das Jobcenter Anforderungen an eine Entscheidung des LSG im Berufungsverfahren bei einem Rechtsirrtum des Sozialgerichts

Wenn das Sozialgericht unzutreffend von der Bestandskraft eines Bescheides ausgeht und infolge dessen nach seiner Auffassung folgerichtig über einen Teil des Klagebegehrens nicht entscheidet, hat das Landessozialgericht den vom Kläger erhobenen Anspruch selbst auszulegen und hierüber im Berufungsverfahren zu entscheiden. Ein sozialwidriges Verhalten im Sinne von § 34 SGB II setzt einen gesteigerten Verschuldensvorwurf voraus. Dieser liegt im Falle einer Kündigung wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens nur dann vor, wenn die Kündigung aufgrund dieses Verhaltens eindeutig rechtmäßig wäre. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung schließen die Anwendung von § 34 SGB II im Regelfall aus. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist vom Jobcenter vor der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gemäß § 34 vollumfänglich zu überprüfen. Ob der Arbeitnehmer gegen die Kündigung ein arbeitsgerichtliches Verfahren angestrengt hat, ist insoweit unerheblich.