BSG - Beschluss vom 04.04.2017
B 4 AS 2/16 R
Normen:
AsylVfG (1992) § 81; GG Art. 103 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; SGG § 102 Abs. 2; SGG § 103; SGG § 106; SGG § 106a; SGG § 164 Abs. 2 S. 3; SGG § 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 92 Abs. 2;
Fundstellen:
BSGE 123, 62
NZS 2017, 719
Vorinstanzen:
LSG Nordrhein-Westfalen, vom 29.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 12 AS 1287/13
SG Dortmund, vom 17.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 31 AS 305/09

Anforderungen an die Klagerücknahmefiktion im sozialgerichtlichen Verfahren bei Untätigkeit des Klägers

BSG, Beschluss vom 04.04.2017 - Aktenzeichen B 4 AS 2/16 R

DRsp Nr. 2017/10188

Anforderungen an die Klagerücknahmefiktion im sozialgerichtlichen Verfahren bei Untätigkeit des Klägers

1. Bei der fiktiven Klagerücknahme handelt es sich um eine gesetzliche Regelung für Fälle, in denen das Rechtsschutzinteresse an einem Verfahren entfallen ist. 2. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem SGGArbGGÄndG den Zweck, eine Vereinfachung und Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens herbeizuführen, um dadurch die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig zu entlasten. 3. Das BVerfG hat in mehreren Entscheidungen herausgestellt, dass eine prozessrechtlich verankerte Klagerücknahmefiktion mit Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang steht. 4. Das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes hindert nicht daran zu verlangen, dass jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzinteresse voraussetzt; auch könne ein Gericht im Einzelfall von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses ausgehen, wenn das Verhalten eines Beteiligten Anlass zu der Annahme biete, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen sei. 5. Jede Anwendung der Klagerücknahmefiktion setzt deshalb voraus, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den sicheren Schluss zulassen, dass einem Beteiligten an einer Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen ist.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 2015 wird zurückgewiesen.