LSG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 19.05.2016
L 8 R 283/15
Normen:
SGB X § 44; ZRBG § 1 Abs. 1 S. 1; EVZStiftG § 11;
Vorinstanzen:
SG Berlin, vom 12.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 3914/13

Altersrente unter Berücksichtigung der Beschäftigung in einem GhettoBegriff der ZwangsarbeitGenereller Arbeitszwang

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.05.2016 - Aktenzeichen L 8 R 283/15

DRsp Nr. 2016/10795

Altersrente unter Berücksichtigung der Beschäftigung in einem Ghetto Begriff der Zwangsarbeit Genereller Arbeitszwang

1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dient das Merkmal einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung der tatsächlichen Abgrenzung zur Zwangsarbeit. 2. Insoweit kann auf das Gesetz über die Errichtung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) zurückgegriffen werden, das in seinem § 11 demjenigen eine Entschädigung wegen Zwangsarbeit zubilligt, der in einem Ghetto unter vergleichbaren Bedingungen (wie in einem Konzentrationslager) inhaftiert war und "zur Arbeit gezwungen wurde". 3. Diese Wendung macht auch für das ZRBG deutlich, dass eine Situation, in der jemand (allgemein) zur Arbeit gezwungen "war", nach dem Gesetz noch keine Zwangsarbeit darstellt. 4. Ein genereller (faktischer oder rechtlicher) Arbeitszwang allein macht die mit Rücksicht darauf ausgeübte Tätigkeit nicht zur Zwangsarbeit und steht deshalb einer "Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss" nicht entgegen; eine solche ist vielmehr erst dann nicht mehr gegeben, wenn jemand zu einer (spezifischen) Arbeit gezwungen "wurde".