Neue Rechtsprechung
I. Starrer Fristenplan
KG, Urteil vom 06.12.2007 – 8 U 135/07, MM 2008, 38Nach der neuen Rechtsprechung des BGH sind starre Fristenpläne unwirksam (seit BGH, Urteil vom 23.06.2004 – VIII ZR 361/03, WuM 2004, 463; Urteil vom 22.09.2004 – VIII ZR 360/03, WuM 2004, 660).
Mitunter ist die Klauselauslegung komplizierter, ob ein starrer Fristenplan vereinbart ist. Dem Urteil des KG vom 06.12.2007 lag folgende Klausel zugrunde:
„nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung hat der Mieter die Schönheitsreparaturen regelmäßig nach Maßgabe folgender Fristen durchzuführen“.
Die objektive Auslegung bei einem Formularvertrag richtet sich in erster Linie nach dem Wortlaut. Bei nicht eindeutigem Wortlaut kommt es darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht eines durchschnittlichen, verständigen und redlichen Mieters zu verstehen ist. Nach Ansicht des KG ist die vorliegende Klausel dahin auszulegen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung, in jedem Fall aber spätestens innerhalb der genannten Fristen durchzuführen hat. In dieser Auslegung handelt es sich um einen starren Fristenplan. Zu einem beweglichen Fristenplan hätte die Auslegung nach Meinung des KG geführt, wenn der Vermieter in der Klausel statt „regelmäßig“ die Formulierung „in der Regel“ gewählt hätte. Diese messerscharfe Distinktion zeigt die Grenzen der objektive Auslegung von AGB auf, die man besser mit der Unklarheitenregel (§ 305 c Abs. 2 BGB) bewältigen kann.
Das KG hat die Revision zugelassen.
II. Isolierte Endrenovierungsklausel
BGH, Urteil vom 12.09.2007 – VIII ZR 316/06, WuM 2007, 682 m. Anm. Weiß = ZMR 2008, 102 m. Anm. Riecke
Zum gesicherten Bestand der neuen Rechtsprechung gehört die Unwirksamkeit einer bedarfsunabhängigen Endrenovierungsklausel. Unwirksam ist eine Endrenovierungsklausel, wonach der Mieter unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen zu einer Schlussrenovierung verpflichtet ist. Diese Klausel legt dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtung auf, weil er die Wohnung bei Vertragsende auch dann renovieren muss, wenn die letzte Renovierung vor dem Auszug erst kurz zurückliegt oder wegen eines pfleglichen Umgangs kein Renovierungsbedarf besteht. In der Klauselkombination mit der Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen hat der BGH entschieden, dass eine unwirksame Endrenovierungsklausel auch die Renovierungsklausel zu Fall bringt (BGH, Urteil vom 14.05.2003 – VIII ZR 308/02, WuM 2003, 436; Urteil vom 25.06.2003 – VIII ZR 335/02, WuM 2003, 561; für Formularverträge über Geschäftsräume: BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 308/02, NZM 2005, 504). Der Mieter ist dann während des Mietverhältnisses auch zur Durchführung von laufenden Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet.
Das Urteil vom 12.09.2007 betrifft eine isolierte Endrenovierungsklausel. Zu laufenden Schönheitsreparaturen war der Mieter nach dem Vertrag nicht verpflichtet. Eine bedarfsunabhängige Endrenovierungsklausel ist unbesehen einer Klauselkombination bereits für sich genommen unwirksam. Das hat der BGH bereits mit Urteil vom 14.05.2003 (aaO.) entschieden und in seinem neuen Urteil vom 12.09.2007 bestätigt. In dem Verfahren ging es um den Auslegungsstreit, ob eine unbedingte Verpflichtung zur Schlussrenovierung vereinbart war. Die Endrenovierungsklausel in dem Formularvertrag beruhte auf dem verwendeten Muster von Haus & Grund Landesverband Bremen:
„Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert gem. Anlage zurückzugeben.“
In der Anlage war ausgeführt:
„Zustand der Mieträume: Die Wohnung wird in einem einwandfreien renovierten Zustand übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert zurückzugeben. Die Wände sind mit Rauhfaser tapeziert und weiß gestrichen. Die Türzargen, Fensterrahmen und Heizkörper sind weiß lackiert. Teppichboden ist fachgerecht zu reinigen.“
Das Berufungsgericht (LG Bremen) hatte die Klausel dahin ausgelegt, dass der Mieter beim Auszug zu Schönheitsreparaturen nur insoweit verpflichtet sei, als nach dem Abnutzungszustand hierfür ein Bedürfnis bestehe. Wenn wegen einer früheren Renovierung eine umfassende Neurenovierung noch nicht erforderlich sei, könne der Mieter die noch fachgerecht renovierte Wohnung ohne Neurenovierung zurückgeben.
Vom Wortlaut der Klausel ist diese Auslegung nicht ausgeschlossen, aber eben auch nicht naheliegend, sondern im Gegenteil eher fernliegend. Nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung (s. o. unter I.) hat der BGH diese Klausel als uneingeschränkte Endrenovierungsverpflichtung ausgelegt.
III. Quotenklausel und Transparenzgebot
BGH, Urteil vom 26.09.2007 – VIII ZR 143/06, BGHReport 2008, 7 m. Anm. Langenberg = NJW 2007, 3632 m. Anm. Kappus = WuM 2007, 684 m. Anm. Klimke/Lehmann-Richter = ZMR 2008, 30 m. Anm. Mack
Die Quotenklausel ist eine Ergänzung zur Renovierungsklausel. Sie verpflichtet den Mieter zu einer anteiligen Abgeltung von Kosten für Schönheitsreparaturen, wenn beim Auszug noch kein Renovierungsbedarf besteht. Ist die Renovierungsklausel – etwa wegen starrer Fristen – unwirksam, so fällt die Grundlage für eine Quotenklausel weg (BGH, Urteil vom 05.04.2006 – VIII ZR 178/05, WuM 2006, 248). Enthält die Quotenklausel ihrerseits starre Fristen, so ist sie ebenfalls unwirksam (BGH, Urteil vom 18.10.2006 – VIII ZR 52/06, WuM 2006, 677). Ob daraus auch die Unwirksamkeit einer an sich wirksamen Renovierungsklausel mit beweglichen Fristen folgt, ist streitig (verneinend LG Berlin, Urteil vom 30.11.2007 – 63 S 116/07, GE 2008, 332). Diese Frage hat der BGH noch nicht ausdrücklich entschieden.
Nach der neuen Rechtsprechung des BGH muss eine Abgeltungsklausel mit beweglichen Fristen auch transparent sei. Eine Klausel, die dem Mieter nicht hinreichend klar und verständlich macht, wie die Abgeltungsquote konkret zu berechnen ist, verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB normierte Transparenzgebot. Welche konkrete Fassung in den Miet-AGB der Klauselkontrolle standhält, ist noch nicht entschieden.
Dem neuen Urteil vom 26.09.2007 lag folgende Klausel zugrunde:
„Sind bei Beendigung des Mietvertrages die Schönheitsreparaturen entsprechend Ziff. 2 – 4 nicht fällig [beweglicher Fristenplan mit 3/5/7 Jahren), so zahlt der Mieter an den Vermieter einen Kostenersatz für die seit der letzten Durchführung der Schönheitsreparaturen erfolgte Abwohnzeit im Fristenzeitraum gem. Ziff. 2 – 4 ...
Die Höhe dieses Kostenansatzes entspricht dem Verhältnis der in Ziff. 2 – 4 festgesetzten Fristen für die Durchführung der Schönheitsreparaturen und der Wohndauer seit den zuletzt durchgeführten Schönheitsreparaturen.“
Diese Klausel hat der BGH als intransparent verworfen, weil bei ihr insbesondere zweifelhafte bleibt, wie der Fristenzeitraum gemäß Ziff. 2 bis 4 zu bestimmen ist. Zum einen kann der Fristenzeitraum in der Weise bestimmt werden, dass das Wohnverhalten des bisherigen Mieters hypothetisch fortgeschrieben und festgestellt wird, wann bei einer Fortdauer des Mietverhältnisses Renovierungsbedarf zu erwarten gewesen wäre. Eine solche Regelung ist nach Meinung des BGH interessengerecht. Der Wortlaut der Klausel lässt aber auch die für den Mieter ungünstigere Auslegung zu, dass zur Bestimmung des Fristenzeitraums gemäß Ziff. 2 bis 4 zu der tatsächlichen Wohndauer des Mieters derjenige Zeitraum addiert wird, der sich ergibt, wenn man von der Regelfrist für die Renovierung die der Abnutzung durch den Mieter entsprechende fiktive Mietdauer abzieht. Eine solche Regelung führt aber zu einer unangemessen hohen Quote.
Beispielsfall:
Endet das Mietverhältnis nach vier Jahren, hat aber der Mieter die Wohnung nicht stärker abgenutzt, als es regelmäßig schon nach zwei Jahren zu erwarten gewesen wäre (4 : 2 = 2), besteht bei dem üblichen Renovierungsintervall von fünf Jahren für Wohnräume aufgrund seines konkreten Wohnverhaltens Renovierungsbedarf in Wohnräumen voraussichtlich erst nach insgesamt (5 x 2 =) 10 Jahren. Daraus folgt nach der ersten Auslegungsmöglichkeit ein Anteil von 4/10 der Renovierungskosten.
Bei der zweiten Auslegungsmöglichkeit beträgt das Renovierungsintervall 7 Jahre mit der Folge einer höheren Kostenquote von 4/7. Die 7 Jahre ergeben sich dadurch, dass der Mietzeit von 4 Jahren weitere 3 Jahre hinzugerechnet werden. Diese 3 Jahre sind die Differenz zwischen der Regelfrist von 5 Jahren und der einer Mietzeit von 2 Jahren entsprechenden Abnutzung. Gegen diese vom BGH für möglich gehaltene Auslegungsvariante ist eingewandt worden, dass eine derart komplizierte Berechnungsmethode nach dem Verständnis der Vertragsparteien wohl nicht ernsthaft in Betracht komme (Mack, ZMR 2008, 36).
Das Urteil des BGH vom 26.09.2007 enthält noch zwei bemerkenswerte Hinweise, welche die zukünftige Rechtsprechung noch beschäftigen wird. Zum einen registriert der VIII. Zivilsenat die Kritik des Schrifttums, dass die bisherigen Regelfristen von 3/5/7 Jahren für moderne Wohnungen mit schmutzarmer Zentralheizung, gekachelten Bädern und Küchen mit Dunstabzugshauben, hochwertigem Dekorationsmaterial und geringerer Belegung zu kurz sind (Langenberg, WuM 2006, 122 ff.: 5/8/10 Jahre). Längere Renovierungsfristen erwägt der BGH aber erst für künftige Neuvermietungen. Bestehende Mietverträge genießen auf diese Weise Vertrauensschutz.
Zweitens hat der BGH die Frage offen gelassen, ob bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnungen Quotenabgeltungsklauseln unzulässig sind. Auch insoweit hat der BGH für künftige Neuvermietungen eine mögliche Änderung seiner Rechtsprechung in Aussicht gestellt. Die Bedenken gegen eine Quotenklausel bei unrenoviert überlassenem Wohnraum liegen auf der Hand. Hat der Mieter nach seinem Einzug keine Schönheitsreparaturen durchgeführt, so lässt sich am Ende der Mietzeit nicht zuverlässig feststellen, in welchem Umfang die Abnutzung durch den Mieter selbst und wie weit sie durch den Vormieter herbeigeführt worden ist. Wenn der Mieter die unrenoviert übernommene Wohnung aber renoviert hat, wird er durch eine Quotenklausel doppelt belastet, indem er zusätzlich zu dem Schönheitsreparaturaufwand eine Kostenquote zu tragen hat, obwohl bzw. weil er die von ihm jedenfalls auch zur Beseitigung der Abnutzung durch den Vormieter vorgenommenen Dekorationsarbeiten noch nicht vollständig abgenutzt hat.
BGH, Urteil vom 05.03.2008 – VIII ZR 95/07
Unwirksam ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot auch eine Quotenabgeltungsklausel, die den Mieter für den Fall, dass die Schönheitsreparaturen bei seinem Auszug noch nicht fällig sind, dazu verpflichtet, „angelaufene Renovierungsintervalle zeitanteilig zu entschädigen“. Die konkrete Berechnung der Abgeltungsquote kann dieser Klausel nicht entnommen werden. Das gilt insbesondere für den Fall, dass während der Mietzeit nur eine unterdurchschnittliche Abnutzung der Dekoration eingetreten ist.
IV. Holzklausel
LG Hamburg, Urteil vom 09.10.2007 – 316 S 35/07, ZMR 2007, 967 m. Anm. Hinz
Dem Urteil lag die in Hamburger Mietverträgen häufig verwendete Holzklausel zugrunde:
„Lackierte Holzteile sind in dem Farbton zurückzugeben, wie er bei Vertragsbeginn vorgegeben war, farbig gestrichene Holzteile können auch in weiß oder in hellen Farbtönen gestrichen zurückgegeben werden.“
Das LG Hamburg hält die Holzklausel für unwirksam, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Verpflichtung, die Holzteile in einem bestimmten Farbton zurückzugeben, führt dazu, dass der Mieter unabhängig von seiner letzten Renovierung zur Neudekoration verpflichtet ist, sofern er in rechtlich zulässiger Weise in einem Farbton gestrichen hat, der den Vorgaben der Klausel nicht entspricht. Diese Verpflichtung belastet den Mieter über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinaus. Eine Vertragsverletzung liegt bei abweichender Farbgestaltung erst dann vor, wenn die Farbgestaltung so ungewöhnlich ist, dass sie mit größerem Aufwand beseitigt werden muss.
Nach Ansicht der 16. Berufungskammerdes LG Hamburg bringt die unwirksame Holzklausel die gesamte Renovierungsklausel zu Fall (a.A. Hinz, aaO.). Dafür zieht das Urteil das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion heran.
Die zugelassene Revision ist beim BGH unter dem Aktenzeichen VIII ZR 283/07 anhängig.
LG Hamburg, Urteil vom 17.01.2008 – 307 S 107/07, ZMR 2008, 295
LG Hamburg, Urteil vom 17.01.2008 – 307 S 115/07, ZMR 2008, 296
Auch nach der Rechtsprechung der 7. Berufungskammer ist die Holzklausel unwirksam. Die Vereinbarung einer unwirksamen Holzklausel infiziert nach Ansicht der 7. Berufungskammer aber nicht die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen. Die Klauseln seien teilbar. Die Holzklausel könne ohne Veränderung der Renovierungsklausel gestrichen werden („blue-pencil-test“).
Das LG Hamburg hat die Revision zugelassen.
V. Mieterhöhung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.04.2007 – 7 U 186/06, NZM 2007, 481 m. Anm. Blank, S. 472 = WuM 2007, 454 m . Anm. Börstinghaus, S. 426 = ZMR 2007, 782 m. Anm. Schläger
Die Rechtsfolgen unwirksamer Renovierungsklauseln sind streitig (vgl. inbes. Blank, Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln, in: Klauseln zum Mietvertrag im Licht der Rechtsprechung [PiG 75], 2006, S.17 ff.). Dazu gehört auch die Frage, ob der Vermieter bei einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§§ 558 ff. BGB) einen Zuschlag zu den Werten des Mietspiegels oder den Mieten von Vergleichswohnungen machen darf, wenn dort Mietverhältnisse zugrunde liegen, bei denen die Schönheitsreparaturen auf die Mieter abgewälzt sind.
Nach Ansicht des OLG Karlsruhe kann der Vermieter in Anlehnung an die Beträge der Instandhaltungskostenpauschale der II. BV im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens auch die Zustimmung zu einem entsprechenden Mietzuschlag verlangen. Das beruht auf der (unbewiesenen) Annahme, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen Entgeltcharakter habe und zur Vereinbarung einer niedrigeren Miete führe. Die Bemessung des Zuschlags nach Grundsätzen der Kostenmiete ist zweifelhaft (Börstinghaus, aaO.).
Gegen die Kompensation einer gescheiterten Renovierungsklausel durch einen Zuschlag im Mieterhöhungsverfahren bestehen insbesondere zwei Einwände. Zum einen ist die Gestaltung des Mietvertrags kein gesetzliches Vergleichskriterium
i. S. des § 558 Abs. 2 BGB (Blank, aaO.). Die wohnwertorientierten Vergleichskriterien können nicht erweitert werden. Außerdem widerspricht es der in § 306 Abs. 2 BGB angeordneten Geltung des dispositiven Rechts, wenn man dem Vermieter bei Verwendung einer unwirksamen AGB einen Ausgleichsanspruch zubilligt (Emmerich, NZM 2006, 761 ff.).
Die zugelassene Revision ist beim BGH unter dem Aktenzeichen VIII ZR 118/07 anhängig.
Quelle: Rechtsanwalt Karl Friedrich Wiek, Köln - Beitrag vom 23.04.08