Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung können von Anliegern jedenfalls nach mehr als 30 Jahren seit Entstehen der „Vorteilslage“ aus Gründen der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit keine Erschließungsbeiträge mehr verlangt werden. Daher hat das Verwaltungsgericht Köln Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge für die Herstellung eines Straßenteils für rechtswidrig erklärt.
Darum geht es
Die Stadt Bonn stellte zwischen 1963 und 1986 in einer Stichstraße des Heckelsbergplatzes, die um den Kinderspielplatz herum führt, Kanal, Fahrbahn, Gehwege sowie die Straßenbeleuchtung her. Spätestens Anfang Dezember 1987 wurde noch ein Baumbeet in der Mitte des Wendehammers bepflanzt. Seitdem ist der bauliche Zustand unverändert.
Nachdem die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beitragserhebung, wie etwa die Widmung im Jahr 1995 und der Grunderwerb Ende 2016 erfüllt waren, hörte die Stadt Bonn die Anlieger zunächst zu der Erhebung von endgültigen Erschließungsbeiträgen an.
Anschließend erkannte sie jedoch, dass der Baum in der Mitte des Wendehammers nicht in ihrem ursprünglichen Gestaltungskonzept von 1978 enthalten war und dieses daher noch durch einen förmlichen Anpassungsbeschluss geändert werden müsse.
Daraufhin erließ sie im Juni 2017 die angefochtenen Bescheide, mit denen sie zunächst Vorausleistungen auf künftige Erschließungsbeiträge erhob. Sie ist der Auffassung, eine Verjährungs- oder Ausschlussfrist habe erst mit einem Beschluss der Bezirksvertretung Beuel vom Januar 2018 begonnen, mit dem das Bauprogramm von 1978 an den tatsächlichen Bestand angepasst worden ist.
Zahlreiche Anwohner hatten gegen die Vorausleistungsbescheide Klage erhoben und geltend gemacht, eine Beitragserhebung nach so langer Zeit sei rechtswidrig.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Köln hat den Klägern Recht gegeben.
Das Gericht hat zur Begründung ausgeführt, nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung sei eine Beitragserhebung aus Gründen der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit jedenfalls nach mehr als 30 Jahren seit Entstehen der sogenannten Vorteilslage ausgeschlossen.
Für deren Eintritt sei maßgeblich, wann der Vorgang in tatsächlicher Hinsicht für die Beitragspflichtigen ohne Weiteres erkennbar als abgeschlossen zu betrachten sei. Hier sei die Vorteilslage bereits 1987 und entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erst mit der Erfüllung des Bauprogrammes durch den Anpassungsbeschluss 2018 eingetreten.
Denn die Anlieger hätten nach Abschluss der Bepflanzung im Jahr 1987 nicht ohne Kenntnis der Verwaltungsvorgänge und rechtliche Erwägungen erkennen können, dass der Ausbauzustand nicht als endgültig anzusehen gewesen wäre.
Da seit Dezember 2017 die endgültigen Erschließungsbeiträge daher nicht mehr festgesetzt werden könnten, sei der Erhebung von Vorausleistungen die Grundlage entzogen.
Das Gericht hat gegen seine Urteile die Berufung zugelassen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.
Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 27.08.2019 - 17 K 10264/17 u.a.